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Die Blaue Bibliothek erhebt sich wie ein stiller Wächter über den glitzernden Kanälen von Kerodesh, der sagenumwobenen Stadt, die selbst Legenden in den Schatten stellt.
Die Blaue Bibliothek von Kerodesh ist das pulsierende Herz der Nebellande – ein Ort, an dem Wissen und Geheimnisse verschmelzen. Ihre endlosen Hallen, erfüllt vom Flüstern alter Pergamente, bewahren das gesammelte Erbe vergessener Zeitalter. Doch die Bibliothek ist mehr als ein Archiv: Sie lebt, verändert sich und offenbart ihre Mysterien nur jenen, die ihrer würdig sind. Hier, wo die Realität selbst formbar scheint, beginnt jede Suche nach Wahrheit – und jeder Schritt birgt das Versprechen von Erkenntnis und Gefahr.
Das Herbarium der Nebellande ist eine vielseitige Sammlung, die allen Teilnehmern unserer Kampagne zur Verfügung steht. Es bietet eine Fülle von Informationen über die Pflanzenwelt der Nebellande und eröffnet die Möglichkeit, einheimische Kräuter und Pflanzen für die unterschiedlichsten Zwecke zu nutzen – sei es für Heilung, Magie, Handwerk, alchemistische Experimente oder als Bestandteil ritueller Bräuche. Unser Ziel ist es, nicht nur theoretische Grundlagen zu vermitteln, sondern auch praktische Anleitungen zu geben, wie Pflanzen erkannt und sinnvoll verwendet werden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Pflanzen, die in der Umgebung natürlich vorkommen, um eine möglichst eindringliche und zugängliche Nutzung zu gewährleisten. So könnt ihr die Schätze der Natur direkt in euer Spiel integrieren, ohne auf externe Verteilungen angewiesen zu sein.
Johanniskraut, auch als „Gold der Sommersonne“ bekannt, ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die bis zu 80 Zentimeter hoch wächst. Von Juni bis August öffnen sich ihre leuchtend goldgelben Blüten, die wie winzige Sonnen an den Enden der Zweige schweben. Ihre Blätter, durchzogen von feinen, durchscheinenden Punkten, verraten bei genauem Hinsehen das Geheimnis ihrer heilenden Öle. Die Pflanze bevorzugt sonnige, trockene Standorte, wo ihre tiefen Wurzeln Halt finden und sich weit verzweigen. Zerreibt man die Knospen, tritt ein roter Saft aus, der seit jeher als „Johannisblut“ verehrt wird – ein Hinweis auf ihre Kraft und zugleich auf ihre Gefahren.
Die Pflanze bildet trugdoldige Blütenstände, deren fünfzähliger Aufbau und die schwarzen Punkte an den Kronblättern sie unverwechselbar machen. Die Wurzeln reichen tief in die Erde und senden kräftige Wurzelkriechsprosse aus, die sie zu einer wahren Überlebenskünstlerin machen. Ihre Staubblätter stehen in Büscheln, als würden sie dem Himmel huldigen, der ihr goldenes Licht schenkt.
Johanniskraut wird seit Jahrhunderten als Pflanze der Sonne verehrt. Zur Sommersonnenwende sammelte man die Blüten im ersten Morgenlicht, um ihre volle Kraft einzufangen. Kränze aus Johanniskraut wurden getragen, um böse Geister abzuwehren, und der Rauch ihrer Blätter sollte Häuser und Herzen reinigen. Eine alte Legende erzählt von einem wandernden Heiler, der einem finsteren Fluch durch einen mit Johanniskraut gesegneten Trank entkam, der das Dunkel aus seinem Inneren vertrieb und ihn wieder mit dem Licht verband.
Das Johanniskraut ist bekannt für seine stimmungsaufhellenden und beruhigenden Eigenschaften. Es lindert nervöse Unruhe, hilft bei leichten Depressionen und fördert die Heilung kleinerer Wunden. Besonders geschätzt ist das „Rotöl“, ein aus den Blüten gewonnener Ölauszug, der sowohl innerlich als auch äußerlich Anwendung findet. Es lindert rheumatische Beschwerden, Verspannungen und Hexenschuss. Doch Vorsicht: Wie die Sonne selbst kann Johanniskraut heilen oder brennen. Überdosierung führt zu Schwindel, Angstzuständen oder Muskelzucken, und bei unsachgemäßer Anwendung kann es sogar den Körper schädigen.
In der Alchemie wird Johanniskraut mit der Sonne und dem Element Feuer assoziiert. Es gilt als Pflanze des Schutzes und der Reinigung, die das innere Licht stärkt und Schatten vertreibt. Sein roter Saft, der wie Blut aus den Blüten tritt, wird in magischen Ritualen genutzt, um Leben und Vitalität zu beschwören. Manche glauben, dass ein aus Johanniskraut gefertigter Amulettkranz den Träger vor dunklen Einflüssen bewahren kann, während ein Sud aus seinen Blüten Klarheit in Träume bringen soll.
Johanniskraut fand auch praktische Anwendung: Sein blutroter Saft wurde genutzt, um Stoffe und Leder zu färben, und seine leuchtenden Blüten inspirierten Künstler, die Kraft des Lichts in ihren Werken einzufangen. Diese Pflanze, ein Geschenk der Sonne, bleibt ein treuer Begleiter für Heiler, Magier und jene, die das Licht suchen, wo Dunkelheit herrscht.
Die Geschichte vom wandernden Heiler und dem Johannisblut
Es war eine Zeit, in der die Sommersonne den Schatten mühsam verdrängte. In einem kleinen Dorf, umgeben von tiefen Wäldern, lebte ein Heiler namens Aedan. Er wanderte von Ort zu Ort, heilte die Kranken, pflegte die Verwundeten und tröstete die Trauernden. Doch Aedan selbst schien von einer unsichtbaren Last gebeugt. Die Menschen bewunderten seine Kunst, doch hinter vorgehaltener Hand flüsterten sie von der Dunkelheit, die sein Herz umwob.
Eines heißen Sommertages, kurz vor der Mittagszeit, eilte eine Frau zu seiner Hütte. In ihren Armen hielt sie ihren kleinen Sohn, fiebrig, blass und kaum noch atmend. „Bitte“, flehte sie, „rette ihn. Du bist meine einzige Hoffnung.“ Aedan nahm das Kind entgegen, untersuchte es sorgfältig und begann seine Arbeit. Er bereitete Kräuter zu, legte kalte Wickel an und sprach sanft auf das Kind ein. Doch die Stunden vergingen, und das Fieber wich nicht. Als die Nacht hereinbrach, wurde die Mutter von Verzweiflung erfasst, während Aedan sich ins Schweigen hüllte.
Noch vor dem ersten Licht des Morgens verließ er die Hütte. Seine Schritte führten ihn hinaus in den Wald, dorthin, wo das Sonnenlicht nur zaghaft durch die dichten Baumkronen fiel. Er ging tiefer, als er es je zuvor gewagt hatte, bis er auf eine Lichtung stieß. Die ersten Strahlen der Sonne brachen durch das Geäst und tauchten die Lichtung in goldenes Leuchten. Dort, inmitten der Gräser, sah Aedan eine Pflanze mit leuchtend gelben Blüten, die in der Morgensonne funkelten wie kleine Sonnen.
Er kniete sich nieder und betrachtete die Pflanze. Ihre Blätter waren durchscheinend und mit feinen, öligen Punkten bedeckt. Eine Knospe schien besonders kräftig zu sein, und als er sie zwischen den Fingern zerdrückte, trat ein roter Saft hervor, so lebendig wie Blut. Aedan wusste nicht, warum er der Pflanze vertraute, doch eine innere Stimme flüsterte ihm, dass hier Hilfe zu finden sei.
Er sammelte die Blüten, so vorsichtig, als wären sie aus purem Licht, und kehrte zur Hütte zurück. Die Mutter blickte auf, ihre Augen von Sorge gerötet, doch in seinem Blick lag ein Funke Hoffnung. Aedan bereitete aus den Blüten einen Trank und flößte ihn dem Kind ein. Die Stunden vergingen, doch kurz nach dem Zenit der Sonne trat eine Veränderung ein. Das Fieber wich, und das Kind begann, wieder ruhig zu atmen. Seine Augen öffneten sich, und ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht.
Die Mutter brach in Tränen aus, doch dieses Mal waren es Tränen der Erleichterung. Aedan blieb still, doch ein seltenes Lächeln erhellte sein Gesicht. Als er die Hütte verließ, pflückte er die letzten Blüten der Pflanze, flocht einen Kranz daraus und setzte ihn sich auf. Von diesem Tag an wanderte Aedan mit dem Johanniskraut auf seinem Haupt durch die Lande.
Die Menschen sprachen bald von dem Heiler, der das Licht der Sommersonne mit sich trug. Es hieß, das Johanniskraut habe nicht nur das Kind gerettet, sondern auch die Schatten aus Aedans Herz vertrieben. Die Pflanze wurde zum Symbol der Hoffnung, ein Zeichen, dass selbst in den dunkelsten Stunden ein Licht auf uns wartet – man muss es nur finden.
Alle Pflanzen unseres Herbariums stehen euch als Download zur Verfügung. Ihr könnt die detaillierten Beschreibungen, Geschichten und Illustrationen frei nutzen, eurer Sammlung hinzufügen oder sie mit anderen teilen. Wir freuen uns, wenn ihr uns als Quelle nennt, damit noch mehr Menschen den Schatz der Nebellande entdecken können. Viel Freude beim Stöbern und Erkunden!